Donnerstag, 24. Mai 2012

Lesenswert: Die Glücksparade von Andreas Martin Widmann




Simon ist fünfzehn, als sein Vater – ein Mann mit vielen Plänen, die nie ganz aufgegangen sind – auf dem Campingplatz zu arbeiten beginnt. Ein Platzwart soll, sagt er, wo er arbeitet, auch wohnen, und so finden sich Simon und seine Mutter in einem Container wieder, inmitten von Dauercampern, die am Leben der neuen Nachbarn mal mehr, mal weniger Anteil nehmen. Auch sie sind Glücksritter, auf ihre Weise, und darüber ganz allmählich an den Rand der Gesellschaft gelangt. Da ist zum Beispiel «Bubi» Scholz, ein gutherziger Alter, der sich seinen Namen von dem berühmten Boxer geliehen hat. Oder Lisa, die hübsche Tochter der Hellers, von der es heißt, sie werde auf einem Regionalsender eine eigene Fernsehshow bekommen, die «Glücksparade». Zu Lisa fühlt Simon sich hingezogen. Bald unterstellt er seinem Vater eine Affäre mit ihr. Und tatsächlich verbindet die beiden ein Geheimnis, aber eines anderer Art.

 So geht er, der Klappentext von Andreas Martin Widmanns Glücksparade. Einer Geschichte, die ostdeutsche Campingplatz-Tristesse förmlich greifbar macht. Ganz egal ob von kaltem Nebel überzogen oder im Staub flirrender Sommerhitze - Simons neuer Wohnort auf der kleinen Insel zwischen den beiden Flüssen ist kein Platz, nachdem man sich sehnt. Dem gegenüber stehen sie, die zahlreiche Existenzen, die ihr Heil auf 20 Quadratmetern suchen. Widmann zeichnet seine Charaktere fein nach, verzichtet auf Dauercamper-Klischees und verleiht seiner Erzählung trotz aller Tragik eine Leichtigkeit, die die Glücksparade zur perfekten Sommerlektüre macht.

Andreas Martin Widmann | Die Glücksparade | rohwolt | 16,95€

taken with instagram.

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